Beschreibung
Fliegender Start: Schon mit dem völlig unvermittelten Auftakt dieser Show beginnt ein regelrechtes choreographisches Überwältigungskino. Angetrieben vom puren Rausch der Bewegung und wie immer Hofesh Shechters eigenem, unverkennbaren Sound, finden die Tänzer:innen rasch in einen geradezu hypnotischen Flow – und das Publikum gleich mit. Was sich danach im Lauf einer Stunde entfaltet, verrät der Stücktitel: zeitgenössischer Tanz in Reinkultur und 2.0, auf dem nächsten Level.
Ursprünglich entwickelt wurde Contemporary Dance 2.0 für die schwedische Göteborgs Operans Danskompani. Danach adaptierte Shechter das Stück für seine eigene Nachwuchskompanie Shechter II. Wobei „Nachwuchs“ definitiv untertrieben klingt bei einer Choreographie, die den Tänzer*innen ein solches Maß an Exzellenz, Präzision und schierem Durchhaltevermögen abverlangt. Außer, man versteht „Nachwuchs“ ganz anders. Denn dieses Stück ist wie gemacht, um junge Leute für den Tanz zu begeistern! Eben deshalb stand es ganz oben auf Eric Gauthiers Wunschliste für die Sommerpremiere 2023. Die fabelhaften Tänzer*innen der Theaterhaus-Company freuen sich auf die Herausforderung und die Proben mit dem Artist in Residence von Gauthier Dance.
Der elektronische Soundtrack, die wogenden, sich wie in einem Kaleidoskop immer neu formierenden Gruppen der Tänzer*innen lassen eher an einen Rave als an ein Bühnenstück denken. Dennoch hat Shechter der Produktion klar seinen Stempel aufgedrückt. Nicht nur ist Contemporary Dance 2.0 auf raffinierte Weise durchsetzt mit bewegten Zitaten aus anderen Arbeiten des Choreographen. Typisch Shechter sind vor allem die Intensität und immersive Wirkung dieser tänzerischen Tour de force. Trotzdem bleibt Contemporary Dance 2.0 innerhalb seines Werks singulär. Der gewohnte gesellschaftspolitische Subtext tritt in den Hintergrund, auch fehlt die Düsternis mancher seiner Szenarien. Stattdessen hat Shechter diesmal eine Essenz von der kostbarsten Art kreiert: Tanz und nichts als Tanz.